Studie: Aerosol- und CO2-Messungen im Konzerthaus Dortmund

Mit einer ausreichend dimensionierten Frischluftzufuhr, die in einem großen Saal über die vorhandene raumlufttechnische Anlage (RLT-Anlage) erfolgt, könne die Gefahr der Übertragung von Infektionen durch Aerosole nahezu ausgeschlossen werden, lautet das Fazit einer Studie, die das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut in Goslar und die Messtechnik-Firma ParteQ im Auftrag des Konzerthaus Dortmund vorgenommen haben. Die Untersuchung ist in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt und Hygieneexperten erfolgt.

 

Ziel dieser Studie war, experimentielle Daten zur Beurteilung einer möglichen Corona-Ansteckungsgefahr bei Besuchen von Konzerthäusern zu gewinnen. Die Wiedereröffnung von Kultureinrichtungen wie Kinos, Theatern und Konzerthäusern sollte auf Basis wissenschaftlicher Fakten und einer differenzierten Betrachtung der jeweiligen örtlichen und konzeptionellen Gegebenheiten getroffen werden.

 

 

Wie umfangreiche Messungen in dem Konzerthaus ergeben haben, sorge bereits das große Raumvolumen für eine starke Verdünnung von belasteten Aerosolen. Durch den Zu- und Abluftbetrieb der RLT-Anlage ohne Umluftfunktion werden Aerosole in allen Bereichen effektiv abtransportiert und können sich nicht anreichern. Vor allem die vorhandene zentrale Lüftungsanlage sowie das Tragen eines Mund-Nasenschutzes verringerten die Aerosol- und CO2-Belastung stark, so dass theoretisch eine Vollbesetzung im Saal denkbar wäre. Unter Einbezug der Zuwege und Foyers wird jedoch eine Saalbelegung im Schachbrettmuster und damit 50 % der Saalkapazität empfohlen.

 

Die Studie soll dazu beitragen, dass Kultureinrichtungen wie Kinos, Theater und Konzerthäuser bei der Öffnung wieder hinreichend Publikum zulassen können. „Das Thema Belüftung ist ein entscheidender Faktor für die Wiedereröffnung von Kultureinrichtungen“, erklärt die NRW-Kultur- und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Die Studie des Konzerthaus Dortmund sei daher ein wertvoller Baustein für die Bemühung, auch in Pandemiezeitenden Spielbetrieb zu ermöglichen. Sie zeige gleichzeitig, mit welch großem Verantwortungsbewusstsein die Kultureinrichtungen dem Publikum gegenüber handelten.

Die Ergebnisse der Studie

★   Mit Maske sowie mit ausreichend dimensionierter Frischluftzufuhr über die vorhandene raumlufttechnische Anlage (RLT-Anlage) gab es bei den Untersuchungen praktisch keine Beeinflussung durch Prüfaerosole auf allen Nachbarplätzen eines emittierenden Probanden.
★   Bereits das große Raumvolumen sorgt für eine starke Verdünnung von belasteten Aerosolen, durch den Zu- und Abluftbetrieb der RLT-Anlage ohne Umluftfunktion werden Aerosole in allen Bereichen effektiv abtransportiert und können sich nicht anreichern.
★   Ohne Maske sollte jeweils der direkten Vorderplatz freigehalten bleiben. Mit den restlichen Nachbarplätzen sei eine Infektion aufgrund der Untersuchungen sehr unwahrscheinlich. Eine Schachbrett-Besetzung des Saales ohne Maske nach Einnahme des Sitzplatzes sei in jedem Fall zu empfehlen.
★   Besetzung des Konzerthauses mit vielen Personen stört den Luftaustausch nach oben nicht, sondern fördert diesen eher durch zusätzliche thermische Effekte.
★   Das Tragen von Masken ist auf Gängen, im Pausenbereich und in den Foyers grundsätzlich notwendig, da hier die Lüftung anders als im Konzertsaal arbeite und der Luftaustritt aus der Decke erfolgte. Zudem seien enge Kontakte dort nicht auszuschließen. Während der Pausen bleiben zudem alle Türen zum Konzertsaal geöffnet, um eine zusätzliche Querstromlüftung zu ermöglichen.
★   Das Konzerthaus könne bei dem vorhandenem Lüftungskonzept, das alle 20 Minuten einen kompletten Luftaustausch mit Außenluft vorsehe, kein Superspreading-Event auslösen.
★   CO2-Messungen im laufenden Betrieb können dazu beitragen, die Ausbreitung von luftgetragenen Partikeln im Saal besser zu beurteilen.

Dem Hygieneexperte Professor Dr. med. Martin Exner zufolge liefere die Studie wichtige Grundlagen zur Abschätzung eines Übertragungsrisikos von SARS- CoV-2 bei Veranstaltungen mit Publikum. Eine geringere Auslastung des Saales besitze keinerlei Mehrwert für den Infektionsschutz. Sofern sich die Infektionszahlen insgesamt wieder auf niedrigem Niveau befänden, wäre aus hygienischer Sicht bei Tragen von Mund-Nasenschutz eventuell später auch ein vollbesetzter Saal denkbar. Dies könnte beispiesweise über modellbasierte Berechnungen abgesichert werden

Bei schachbrettartiger Verteilung der Gäste und 100prozentiger Volllast der raumlufttechnischen Anlage ist das Infektionsrisiko sehr gering. Das Tragen von Mund-Nasenschutz im Saal ist von Vorteil, wenn auch nicht von so großer Bedeutung, wie vorher angenommen. Dr.-Ing. Heinz-Jörn Moriske, Professor und Direktor im Umweltbundesamt, Beratungsstelle Umwelthygiene

Für die Leitung dieser Studie zeichnet Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Schade, Abteilungsleiter Faseroptische Sensorsysteme am Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut, verantwortlich. Die für das Konzerthaus Dortmund getroffenen Aussagen könnten auch für andere Konzerthäuser oder Theater herangezogen werden, in denen in bestimmten Punkten vergleichbare Rahmenbedingungen herrschten. Die Empfehlung für eine Wiederöffnung sieht eine Auslastung des Saals mit mindestens 50 Prozent der Kapazität als Schachbrett mit je einem freigelassenen Sitzplatz zwischen den Sitzgruppen vor.